02.11.2016 – Heute wurde im Ministerrat eine „Reform“ der Gewerbeordung beschlossen. Der Umfang der Reform ist allerdings nicht wie angekündigt ausgefallen. Die Highlights: Kostenlose Gewerbeanmeldung, bis zu 30% Nebenrechte und schnellere und günstigere Genehmigungen im Betriebsanlagenrecht.
Gewerbeordnung praxisnah modernisieren
„Wir wollen die Gewerbeordnung praxisnah modernisieren und das Wirtschaften erleichtern. Für unsere Unternehmen wird es dadurch einfacher und günstiger. Viele Behördenverfahren werden beschleunigt und vereinfacht“, sagt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner zu den Eckpunkten der heute vereinbarten Reform der Gewerbeordnung.
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— Matthias Schrom (@Schromsky73) October 25, 2016
Anmeldung kostenlos
Alle Gewerbeanmeldungen werden kostenlos bzw. von Gebühren und Abgaben des Bundes befreit. Aufgrund der zuletzt rund 80.000 Anmeldungen im Jahr sparen sich die Unternehmen über zehn Millionen Euro. Die freien Gewerbe werden erweitert, indem die Teilgewerbe-Verordnung aufgehoben wird: 19 von 21 bisher reglementierten Teil-Gewerben werden freigestellt.
Nebenrechte
Der Gewerbeumfang bei den Nebenrechten soll deutlich erweitert werden – bei reglementierten Gewerben auf 15 Prozent, bei den freien Gewerben auf 30 Prozent. Somit könnte ein Tischler auch Arbeiten wie Fliesenlegen mit bis zu 15 Prozent seiner gesamten gewerblichen Tätigkeit machen. Der Grafiker, der auch Homepages erstellt oder andere freie Gewerbe ohne Anmeldung mit ausübt, könnte dies bis zu 30 Prozent machen.
Erleichterungen im Betriebsanlagenrecht
Umfangreich reformiert werden soll das Betriebsanlagenrecht. Die Novelle verankert ein One-Stop-Shop Prinzip nach dem Motto ein Verfahren, ein Bescheid: Bau-, Naturschutz-, Wasser- und gewerberechtliche Genehmigung sollen aus einer Hand erfolgen.
Zudem sollen Bezirkshauptmannschaften Betriebsanlagen mit geringem Gefährdungspotential schneller genehmigen können. Das hilft zum Beispiel Kaffee- und Gasthäusern, Konditoreien, Eissalons, Imbissstuben oder kleinen Hotelbetrieben. Bloß vorübergehende Tätigkeiten sollen nicht mehr unter das Anlagenrecht fallen. Gerade im Gastgewerbe führt das zu Erleichterungen, etwa bei Zeltfesten.
Die Entscheidungsfristen für Behörden werden gesetzlich verkürzt, um die Verfahren zu beschleunigen. Bescheide sollen spätestens innerhalb von vier Monaten (statt bisher sechs) nach Einlangen des Anbringens erlassen werden müssen. Die Entscheidungsfrist im so genannten vereinfachten Genehmigungsverfahren wird von drei auf zwei Monate verkürzt.
WKÖ und Wirtschaftsbund zufrieden, fast alle anderen nicht.
Der Wirtschaftsbund begrüßt die heute im Ministerrat getroffene Einigung in puncto Gewerbeordnungsnovelle. „Damit liegt ein gutes Paket vor, das wichtige Impulse für die heimischen Unternehmen setzt und unseren Unternehmen das Wirtschaften erleichtern wird. Besonders wichtig ist für uns, dass die Meisterprüfung erhalten bleibt. Sie ist der Garant für hohe Qualität, Qualifikation und Zuverlässigkeit“, kommentiert Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner die heutige Einigung im Ministerrat.
Sepp Schellhorn (NEOS) und Volker Plass (Grüne Wirtschaft) hingegen kritisieren die geplante Reform in einem offenen Brief: „Obwohl wir als Politiker unterschiedlichen Parteien angehören, eint uns als Unternehmer das gemeinsame Entsetzen, mit welcher Mutlosigkeit die von Ihrer Regierung angekündigte große Reform der österreichischen Gewerbeordnung soeben zu Grabe getragen wird.“
„Die Regierung wurde bisher durch Besitzstandswahrer des alten Systems – allen voran die Wirtschaftskammer – blockiert. Nun sind einige kleine Schritte der Reform gelungen. Nach aktuellem Regierungsvorschlag bleiben ALLE 80 regulierten Gewerbe auch weiterhin reguliert, es werden sogar 82. Hier ist mehr Mut gefragt“, kommentiert Matthias Köchl (Grüner Sprecher für Selbstständige)
Als „großen Wurf“ bezeichnete WKÖ-Präsident Christoph Leitl das nun vorliegende Deregulierungspaket im Betriebsanlagenrecht im Rahmen der Gewerbeordnungsreform. „Damit werden sich Investitionsbremsen lösen und der Weg zur mehr Beschäftigung wird frei gegeben. Denn künftig sind weniger Verfahren erforderlich, Genehmigungen wirken umfassend und Verfahren kommen rascher zum Ende“, zeigte sich Leitl erfreut.
„Aus einer nur großartig angekündigten Reform der Gewerbeordnung dürfte nun wieder nichts werden, denn – wie immer in letzter Zeit – werden bereits im Hinterzimmer am Ballhausplatz direkt vom Verhandlungstisch aus die Ergebnisse der schwer angeschlagenen SPÖVP-Koalition für den Reißwolf produziert. So und nicht anders lässt sich die „Nicht-Reform“ erklären!“, ärgert sich der Bundesobmann der Freiheitlichen Wirtschaft/RfW, Matthias Krenn
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